Dienstag, 18. Juni 2013

Buzzword hier: Industrie 0.4

Industrie 4.0 heißt es korrekt und die "soll die vierte industrielle Revolution zum Ausdruck bringen". - Puh, ein schweres Los welches die deutsche Industrie da gezogen hat. Wahrscheinlich wird eine ganze Generation von Ingenieuren und Technikern für diese Revolution draufgehen. Darunter macht es die Industrie-Consulting-Szene halt nicht und warum sollte es auch leicht gehen?
Auch ohne Plakatismus finde ich das Anliegen wiklich revolutionär - die Schaffung eines individuellen Gutes allein definniert durch die Kreativität des Kunden. Das kommt dem Replikator aus "Star Trek" schon sehr nahe. Leider wird immer schnell eine Idee zu einem Begriff; und dieser Begriff wird stark aufgeladen, wodurch es der oben genannten Generation schwer fallen wird, Produkte mit dem Label "Industrie 4.0" zu entwickeln, besonders wenn weitere Schlagworte, wie: "Internet der Dinge" oder "Cyber-physische Systeme" hinterher gerufen werden. - Szenetypisch.

Ingenieurstypisch muss vor dem Umbruch ersteinmal eine Bestandsaufnahme gemacht werden, um zu erkennen wofür Industrie 4.0 wahrhaftig stehen könnte. Zugegeben ist dies ein Versuch, die Angelegenheit aus einer vollkommen individualisierten Sicht zu betrachten.

Solange ich im Anlagenbau als Entwickler und Inbetriebnehmer beschäftigt war, haben sich mir immer fünf Teilnehmer (Objekte) dargestellt.
- Auftraggeber (AG)
- Entwickler (E)
- Operator/Bediener (O)
- Anlage/Werkzeug (WZ)
- Werkstück (WS)

Weiter kann ich die Angelegenheit leider nicht symbolisieren. Denn auch im Rückblick fällt es mir schwer ein univerelles Verfahren aufzuzeigen, welches die Objekte in Beziehung setzt oder eine vollständige Darstellung der Prozesskette und deren Verantwortlichkeiten abbildet, da die Aufgabenverteilungen für ein reproduzierbares Gut aktuell immer individuell gehalten werden. Das hält jeder Hersteller beziehungsweise Auftraggeber anders. Gerade eben, weil es etliche Entwicklungs-Modelle, Geschäftsprozesse, Normen, etc. gibt. Für den nächsten großen Schritt zur Industrie 4.0 muss dieses korrigiert werden. Denn für ein indivuduelles Gut brauchen wir reproduzierbare Strategien.
Meiner Meinung nach, ist dies auch eine große Chance, wodurch diese Richtlinien auf ein einzelnes Objekt herunter gebrochen werden können, nämlich "das Gut". Zusätzlich werden diese Strategien alleinig vom Individuum und der technischen Möglichkeiten bestimmt. Der Kunde wird wieder zum König, wie man so schön sagt.

Dieser Schritt verlangt viel vom Auftraggeber ab, da er vermeintlich einiges an Souveränität und Kompetenz an den Kunden verliert. Aber auch der Entwickler und der Operator haben ab sofort keinen alleinigen Befehlsgeber mehr. - Oder doch?

Meiner Ansicht nach, ist die Revolution eine Projektion der Wünsche des Kunden auf ein und der technologischen Machbarkeit der Herstellers für ein Objekt, so dass sich nachrangig das Teil autark verhält und weiteren Anforderungen den restlichen Beteiligten, zum Beispiel dem Operator vorgibt.
Ansatzweise ist diese Revolution bei einigen Produzenten auch so im Gebrauch. Man kennt das: Drop-down-Listen auf der Webseite, um sich sein Produkt zu konfigurieren. Es bleibt letztendlich bei diesem Ansatz, da alle weiteren Produktionsschritte auf dem herkömmlichen Wege beschritten werden, wie zum Beispiel:
Auftragseingang manuell bearbeiten und abheften, Maschine X händisch auf Parametersatz Y einstellen, welcher im Ordner XY im Regal der Technischen Abteilung niedergeschrieben steht, Farbe anmischen und Probedruck erstellen und so weiter. Es ist somit ein komplexer Aufwand entstanden, bei dem viele Beteiligte wissentlich und unwissentlich ihre Spuren hinterlassen.
Das diese Litarnei an Schritten wegfallen muss, liegt auf der Hand. Nicht um Kosten zu reduzieren, sondern hauptsächlich um Fehler zu vermeiden und ein qualitativ hochwertiges Gut herzustellen.

Den Produktionsprozess zu vereinfachen und alle Prozessschritte dem Gut anzuhängen und diesen selbständig dürch die Fertigung zirkulieren zu lassen, sehe ich nicht als die größte Herausforderung an. Wahrscheinlich kann das auch weiterhin Herstellerabhängig geschehen. Worauf man sich einigen muss, und was auch weit schwieriger zu etablieren sein wird, wäre der Überblick des technisch Machbaren für den Kunden.
Denn idealerweise wird diesem ab dann keine Drop-down-Liste mit wohldefinierten Abstufungen mehr präsentiert, sondern Schieberegler die in möglichen Grenzen verstellt werden können. Worauf zu achten ist, diese Grenzen offen zu kommunizieren und auch vom Kunden richtig verstanden werden.

Letztendlich trägt man mit Industrie 4.0 einen großen Berg Verwaltungsaufwand ab und kann es dem Kunden überlassen, sein Produkt ordentlich zu parametrieren und zu verwalten. Die Generation von Ingenieuren und Techniker bekommen dadurch eine neue klar definierte Aufgabe zugesprochen, den des Wissensvermittler. Denn sie wissen am besten wie sich eine Anlage, in ihren Grenzen, verhalten wird und können dem Kunden an die Hand gehen, falls er diese Hilfe benötigt.



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